Derzeit sind die Zinsen niedrig. Wer sich also derzeit verschuldet, macht es richtig. Wer allerdings bereits ein Immobiliardarlehen in den letzten Jahren zu höheren Zinsen aufgenommen hat, kann von den aktuell günstigen Zinsen nicht profitieren, da sein Vertrag in der Regel noch einige Zeit läuft. Natürlich kann ein „Häuslebauer“ sein Darlehen kündigen, um anschließend sein Darlehen zu einem aktuell, niedrigeren Zinssatz umzuschulden. Allerdings wird die Bank, die das Darlehen vergeben hat, diese Kündigung nur akzeptieren, wenn der Darlehensnehmer sie für den entgangenen Zinsgewinn entschädigt. Und dann macht diese vom Verbraucher zu zahlende sog. Vorfälligkeitsentschädigung den Zinsvorteil zunichte.
„Aber es gibt eine weitgehend unbekannte Möglichkeit, seinen alten Darlehensvertrag vorzeitig zu beenden, um ein neues Darlehen zu den aktuell günstigen Zinskonditionen abzuschließen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung an seine alte Bank zahlen zu müssen“, so Rechtsanwalt Christian-Albrecht Kurdum, spezialisiert u.a. auf immobilienrechtliche Fragestellungen bei der Kanzlei Dr. Späth & Partner Rechtsanwälte in Berlin. Dieser Weg kommt für Darlehensnehmer in Frage, die zwischen Ende 2002 und Mitte 2010 ein Immobiliendarlehen aufgenommen haben. „Hintergrund dieser Überlegung ist“, so Rechtsanwalt Kurdum weiter, „dass zu jedem Verbraucherkreditvertrag eine Widerrufsbelehrung gehört.
Darin wird einem Darlehensnehmer erklärt, dass er seine Unterschrift unter den Darlehensvertrag binnen zwei Wochen widerrufen kann. Die Widerrufsbelehrung muss eine bestimmte Form haben, um wirksam zu sein. 2002 traten gesetzliche Neuerungen in Kraft, die auch das Widerrufsrecht geändert haben. Daraufhin haben die Banken ihre Widerrufsbelehrungen angepasst und dabei fast immer formelle Fehler gemacht. Und wegen dieser Fehler endet die Frist zum Widerruf nicht, so dass viele Verbraucher noch viele Jahre nach Vertragsschluss einen Kredit widerrufen und damit ihr Darlehen vorzeitig auflösen können. Der Widerruf des Darlehensvertrag kann dabei jederzeit erklärt werden.“
Ein betroffener Verbraucher muß also seinen laufenden Vertrag nicht kündigen, er kann ihn einfach widerrufen. Dann wird das Geschäft rückabgewickelt; d.h. ein Bauherr zahlt die Darlehenssumme zurück und muß eine Nutzungsentschädigung für die „Nutzung“ des Geldes zahlen. Diese berechnet sich nach dem durchschnittlichen Zinssatz für Hypothekenkredite. Da die meisten Verbraucher bereits Zinsen bezahlt haben, fällt die Nutzungsentschädigung nicht weiter ins Gewicht.
Rechtsanwalt Kurdum weiter: „Ein Verbraucher sollte bei seinen Überlegungen wissen, dass es bereits viele einschlägige positive Gerichtsentscheidungen zugunsten von Verbrauchern gibt. Auch der Bundesgerichtshof hat bereits aufgezeigt, dass rein formale Fehler genügen, um eine Vertrag zu widerrufen. Insbesondere muß ein Verbraucher keinen kausalen Zusammenhang zwischen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung und dem Abschluss eines Kreditvertrags nachweisen.“
Rechtsanwalt Kurdum schätzt, dass 90% aller Banken und Sparkassen in den Jahren 2002 bis 2010 falsch formulierte Widerrufsbelehrungen verwendet haben. Zwar könnten die Banken die Schwachpunkte in ihren älteren Widerrufsbelehrungen beseitigen, wenn sie ihren Kunden nachbelehren. Wenn also eine Bank einem Kunden eine neue, korrekt formulierte Widerrufsbelehrung vorlegt und der Kunde binnen eines Monats nicht widerruft, ist der Vertrag später nicht mehr angreifbar. „Dies tun die Banken allerdings in der Praxis nicht“, so Rechtsanwalt Kurdum weiter, „wohl um nicht die Pferde scheu zu machen.“
Wer aus einem solchen Immobiliardarlehen aussteigen möchte, sollte anwaltlichen Rat zu Hilfe nehmen. Denn in der Praxis muß man jeden Darlehensvertrag und jede Widerrufsbelehrung individuell prüfen, ob da tatsächlich Fehler drin stecken. Diese Aufgabe kann nur ein spezialisierter Rechtsanwalt für den Mandanten übernehmen, zumal Banken auf einfache Kundenbriefe erfahrungsgemäß nicht reagieren. Bei anwaltlicher Unterstützung allerdings schrecken viele Banken in der Regel vor einem Prozess zurück und stimmen einer außergerichtlichen Einigung zu. „Und bei Darlehenssummen von 250.000 Euro kommt schon ein fünfstelliger Betrag zusammen“.
Wichtig: Ein Darlehensnehmer muss außerdem eine Anschlussfinanzierung in der Hinterhand haben, wenn er einen Darlehensvertrag widerrufen möchte. Stimmt die Bank nämlich der Auflösung des Vertrags zu, hat sie Anspruch darauf, binnen 30 Tagen die ausstehende Darlehenssumme zu erhalten. Die wenigsten Institute wollen nämlich einen solchen Kunden behalten. „Insofern sollte es sich schon um größere Summen handeln, andernfalls lohnt sich der Kampf nicht“, so Rechtsanwalt Kurdum.
Betroffene Anleger können sich gern an Rechtsanwalt Kurdum wenden.